Das kleine Plankton

 

 

Hier bin ich im Wasser vom Hafen, in dem viele Segelboote angelegt haben. Für dein Verständnis nenne ich mich Plankton. Ich weiß, du kannst mich nicht sehen, weil ich völlig durchsichtig bin. Du könntest mich auch als kleine Qualle bezeichnen. Ich bin nicht mal 2 cm breit. Und ich bin rund und flach. Ich habe nicht einmal ein kleinstes dunkles Pünktchen in mir. Du kannst mich nur sehen, wenn du im Wasser schwimmst und nahe an mir ran bist. Ein Schatten von einem Rundkörper zeigt sich dann. Hast du schon mal eine Kontaktlinse gesehen? So, nur ein wenig größer sehe ich aus. Es gibt Quallen die Farben haben wie zum Beispiel Rot oder Rosa gestreift. Die meisten sind größer als ich und manche haben etwas, das wie Bänder aussieht, die nach unten hängen.  Aber ich bin unscheinbar.

Ich habe auch einen komplizierten griechischen Namen, es ist „Ctenophora“, du sprichst das C wie ein K aus und verschluckst das T. Die Wissenschaftler gruppieren uns unter die Plankton Art. Es gibt sehr viele, sehr verschieden aussehende Arten an Plankton. Zum Beispiel, im Hafen sind Pfosten tief in den Meeresgrund gesetzt. Sie ragen aus dem Wasser und die Segler können an ihnen ihr Boot vertäuen. Diese Pfosten, sind von muschelartigen Lebewesen bedeckt. Sie sind grau und hart und werden auch Plankton genannt und sind doch das ganze Gegenteil von mir.

Um mich herum ist das Wasser voller Leben. Es gibt Fische in allen Farben und Größen, grell gelbe, leuchtend Rote, dunkelblau und violett. An einer Stelle schwimmen Tausende von kleinen Fischen zusammen im selben Rhythmus und Abstand wie eine silberglitzernde Woge. Grüne Algen bewegen sich mit den Wellen wie hohes Gras im Wind.

Ich halte mich immer in derselben Gegend auf. Die Quallen meiner Art können jedoch mal im Salzwasser des Ozeans zu finden sein oder auch in Süßwasser. Ich weiß nicht wie ich mich ernähre. Ich weiß auch nicht wie lange ich lebe. Doch was ich weiß ist, dass Seetiere sich von uns ernähren. Aber ich denke nicht über Dinge nach, deshalb habe ich keine Angst. Ich weiß, dass ich sterbe, wenn ein Mensch mich fangen und aus meiner Umgebung nähme, selbst wenn er mich in Wasser in einen Behälter tut. Anscheinend bin ich ganz besonders empfindlich. Ich meine empfindsam mit meinem feuchten geleeartigen Körper. Ich kann nicht mit Gefühlen empfindsam sein, weil ich keine Gefühle habe.

Was ich habe sind 8 Ringe von Platten, die du aber nicht sehen kannst. Sie bewegen sich in Harmonie. So kann ich schwimmen.

Das heißt, ich treibe mehr. Mein äußerer Rand bewegt sich mit leichten Schlägen und ich gleite nach oben, vielleicht einen Meter. Dann komme ich die genauso kurze Strecke wieder nach unten. Ich mache keinen seitlichen Umweg. Dies ist das einzige, das ich mein ganzes Leben lang, mache. Ich gleite rauf und sinke runter, gleite rauf und sinke runter.

„Aber das ist doch so langweilig, sagst du, so sehr eintönig.“ Was ist der Sinn von so einem Leben.

Natürlich erscheint es sehr monoton, wenn du darüber nachdenkst und Fragen nach dem Sinn des Ganzen stellst. Sieh ich habe kein Gehirn wie du, das denken kann. Das einzige, das ich habe ist etwas, dass du wohl als Ahnung verstehen könntest. Mein Körper hat so etwas wie eine Erinnerung das ihn automatische Handlungen machen lässt, wie sich einfach vom Wasser tragen lassen. Ich kann nicht über Dinge nachdenken oder planen wie du.

Doch du kannst etwas von mir lernen.

Zum Beispiel, du nutzt dein Denken, wenn du es brauchst, wenn du in der Schule etwas lernen musst. Es ist wichtig deine Intelligenz zu benutzen, wenn du Entscheidungen machen musst. Doch wenn du Zeit zum Nichtstun hast ist es wichtig deine Aufmerksamkeit auf etwas Schönes zu richten. Versuche dein Denken abzuschalten in dem du hier und jetzt etwas beobachtest ohne nach seinem Sinn zu fragen und ohne es in irgendeiner Weise zu beurteilen. Verschwende keine Gedanken an die Zukunft und grüble nicht mehr über die Vergangenheit nach. Wenn deine Gedanken wandern wollen, hole sie zurück und schaue wieder auf das Schöne vor dir. Es könnte ein Spielzeug sein und du fängst an damit zu spielen. Es könnte sein das die Sonne Schattenmuster auf eine Wand wirft, die du beobachtest. Vielleicht singst du ein Lied oder rennst ohne ein Ziel im Park mit deiner Mutter. Es kann sein, das du gerne malst oder etwas schreibst. All dieses hilft dir nicht zu denken.

Schaffst du es ab und zu ohne Gedanken zu sein, dann überkommt dich eine große Zufriedenheit. Mehr noch, du wirst von Freude erfüllt, die du dir nicht erklären kannst. Und das ist wunderbar.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© Ehrengard Von Oettingen