Das Nichts

Ich nenne mich das schwarze Nichts. Schaue in den Abendhimmel. Ich bin die dunkle Unendlichkeit in der du die Sterne stehen siehst. Scheint die Sonne auf mich, so bin ich für dich unsichtbar. Und doch existiere ich. Nur, weil du manche Dinge nicht siehst heißt es nicht, dass sie nicht existieren. Ich erscheine dir als leeres Dunkel und doch habe ich Eigenschaften

Die dir, mein kleines Menschlein, unvorstellbar sind.

So lass uns etwas Zeit miteinander verbringen. Ich möchte dir Dinge zeigen, durch die dir einige von diesen unbegrenzten Wirkungsfähigkeiten die ich besitze, zu eigener Erfahrung werden.

 

Erste Reise

 

Liegst du abends im Bett schließe deine Augen. Stelle dir vor, dass meine unsichtbare Hand dich sanft unter deiner Bettdecke hervorzieht. Dir ist nicht kalt, weil ich dich wärme. Im Dunkel der Nacht können deine Augen nichts sehen und doch erkennst du den blauen Himmel in den du hineinschwebst. Unter dir sind schneebedeckte Bergspitzen, dunkle Schatten lassen dich Tiefen zwischen ihnen ahnen. Sonnenstrahlen reflektieren von Eiskristallen und tanzen zu dir hinauf. Du schwebst in die blaue Unendlichkeit, die sich vor dir ausstreckt. Fühlst du wie schwerelos du bist?

Nun lass uns von dieser lichten Höhe heruntergleiten. Wie ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln fliegen wir über das Wasser eines Ozeans, in dem sich der blaue Himmel spiegelt. Der Wind trägt dich. Du brauchst dich nicht zu bewegen und doch gleitest du vorwärts. Du siehst Fische aus dem Meer in die Luft schießen, Wassertropfen sprühen um sie herum und dein Herz macht dieselben Freudensprünge wie sie.

Du schaust wieder in die Weite vor dir. Dein Blick haftet an nichts Bestimmtem.

Ein Schwarm von Wildgänsen flattert an dir vorbei. Ihre langen Hälse sind vorgestreckt. Eine Gans fliegt voraus, wie die Perlen in einer Kette folgen ihr, immer zwei nebeneinander, die anderen. Du siehst, dass sie ein V bilden. Hast du dich mal gefragt woher sie wissen so wie alle ihre Vorfahren zu fliegen? Manchmal nennen wir es Instinkt das sie leitet. Aber was ist Instinkt?

Die Gänse, alle Tiere und Menschen haben in ihrem Inneren eine Energie die sie im Leben leitet.

Dieselbe Energie oder Naturgewalt die von vielen Menschen Gott genannt wird, ist in verschiedener Form sichtbar, nicht nur durch Tiere und Menschen. Du siehst sie auch in der Form eines Baumes im Wald oder als ein Element wie Wasser. Schau hinunter. Siehst du die alte Buche? Eines Tages fällt sie um und wird morsch. Mit der Zeit wird sie wieder Teil dieses unendliche Nichts, dass auch ich bin.

Du und ich schweben nun wieder hoch in der sonnigen Weite. Blaue Unendlichkeit erstreckt sich vor uns. Du breitest deine Arme aus. Ein Glückgefühl öffnet dein Herz. Ein inneres Strahlen vereint sich mit dem goldenen Licht das in dich dringt.

Ich lege dich sanft zurück ins Bett. Du kuschelst dein Gesicht ins Kopfkissen. Alle Ängste, Sorgen und Traurigkeit ist verschwunden.

 

 

Zweite Reise

Möchtest du an einem anderen Abend noch einmal auf eine Reise gehen? Schließe deine Augen und stelle dir vor, dass du hochgehoben wirst. Eine milde Luftwelle trägt dich zu einem Ozean. Ich, das unsichtbare Nichts und du, wir tauchen in ihn hinein. Da ich bei dir bin kannst du ohne atmen zu müssen im Wasser schwimmen. Fühlst du wie es deine Haut streichelst? Erst erscheint es dir hellblau, wir tauchen tiefer und es wird dunkelgrün. Ich habe eine Stelle für unser Erlebnis gewählt, die tiefer ist als Taucher sich vorwagen und tiefer sogar als ein Unterseeboot gehen würde. Hier ist ein Krater zwischen rauen Felsen. Alles ist schwarz um uns herum. Wir sind so tief, das kein Lichtstrahl uns erreichen kann. Und doch kannst du Dinge wahrnehmen, weil ich bei dir bin. Bemerkst du die Stille? Ist sie nicht Balsam für dich mein Menschenkind? Ist es nicht ein wohliges Gefühl von absolutem Dunkel umhüllt zu sein? So geschützt warst du, als du noch Purzelbäume in deiner Mutter Bauch schlagen konntest.

Nun zeige ich dir etwas, das du mit deinem inneren Auge sehen kannst. Hier unten gibt es keine Pflanzen, also gar kein Grün. In dieser Tiefe schwimmen keine Fische. Also siehst du auch keine Farben. Muscheltiere gibt es hier auch nicht. Die Masse an Wasser über uns, hat sehr viel Gewicht; es würde die kalkigen Muscheln und Krabben zerdrücken. Auf den ersten Blick gibt es hier nur die Felswände und sandigen Boden.

Aber siehst du die kreisförmigen Muster im Sand? Unendlich viele Würmer haben sich dort in dem Sand vergraben in dem sie leben. Im oder auf dem sandigen Grund scheint es keine Nahrung für sie zu geben und doch ernähren sie sich. Das Sonnenlicht erreicht sie nie und deshalb haben sie keine bunten Farben. Sie sehen so rein aus in ihrer weißen Haut und ernähren sich von etwas das du mit bloßem Auge nicht sehen kannst.

Es gibt so vieles in deiner Welt, mein Menschlein, das mit deinem Verstand unmöglich zu erfassen ist. Aber du kannst es trotzdem mit deinen Gefühlen erahnen. So sei offen für die zahlreichen Wunder, die die Natur um dich herum dir zeigen kann. Mit dieser Offenheit wirst du die Göttliche Energie spüren die dich mit allem um dich herum eins macht. Deine Gedanken spinnen Geschichten aus, grübeln über Schwierigkeiten und Probleme nach. Sie widmen viel Zeit für etwas, so das es unmöglich ist mit deinem Ursprünglichen Selbst, das ich Liebesenergie nenne, eins zu sein.

Ich, diese Liebesenergie, bin immer für dich da wenn du inneren Frieden brauchst. Schließe nur kurz deine Augen und stelle dir vor, das wir zusammen zum fernen Horizont fliegen oder in die dunklen Tiefen des Ozeans tauchen.

Du erkennst mich als dunkles Nichts und unendliche Leere und doch bin ich Alles, das Sichtbare und das Unsichtbare.

 

 

 

 

 

 

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