Siehst du den kleinsten Punkt im Abendhimmel? Stehe am Fenster ehe du zu Bett gehst und sieh hinauf in den dunklen Himmel. Der Mond kommt hinter den Wolken vor. Ich bin nicht weit von im. Schau ein bisschen nach unten. Dieser schwache gelbe Punkt bin ich. Ich werde ein wenig vom Mond beschienen, deshalb kannst du mich erkennen.
Ich bin vor sehr langer Zeit geboren. Doch ich werde nicht grösser. Ich hörte eine Stimme sagen das ich so klein aussehe, weil ich sehr weit von der Erde im Himmel stehe. Der Mond und andere Sterne sind viel näher an dir.
Es hilft mir nicht, was die Stimme das sagt. Ich möchte gerne grösser sein. Ich möchte hell scheinen, so hell das du kein Licht brauchst, wenn du zu Bett gehst. Ich könnte auf dein Bett scheinen und die dunklen Schatten vertreiben. Ich könnte dein Freund sein, der über dich wacht. Ich würde dir über die Augenlider streichen, wenn ein Alptraum sie unruhig macht.
Ach, aber ich bin zu schwach um dir zu helfen. Ich bin zu klein um eine Wirkung zu haben.
Ich wünschte ich könnte so groß wie die vielen andere Sterne sein. Sie werden bewundert, weil sie glitzern und funkeln. Es gibt so viele von ihnen, dass sie wie ein Muster den dunkelblauen Himmel betupfen.
Du weist natürlich nicht was die Stimme ist. Sie ist in mir, sie wohnt in meinem Herzen. Nun eigentlich habe ich kein Herz wie du, aber der Punkt den du siehst, fühlt genau so wie wenn du Liebe fühlst. Weißt du dieses Gefühl, das du hast, wenn deine Mutter oder dein Vater dich küssen oder wenn ein kleiner Hund dein Gesicht leckt. Nun dieses Gefühl der Liebe spricht zu mir. Ich kann es Dinge fragen über die ich nachdenke und die ich nicht verstehe. Manchmal beklage ich mich auch.
Ich sage; „warum bin ich so klein und leuchte so schwach?“ Aber manchmal antwortet es anders als ich es will. Zum Beispiel auf die Frage warum ich so unbedeutend klein und schwach bin sagt es, dass ich eine Stärke und Größe in mir habe die ich eines Tages verstehen werde. Dann werde einmal für jemanden wichtig sein. Sie sagte, das Stärke in sehr verschiedener Form kommt.
Das sind große Worte, denke ich mir. Oft weiß ich nicht was die Stimme mir sagen will. Zum Beispiel was meint sie damit, das ich eines Tages meine Stärke finden werde. Und wenn das so ist, warum kann es dann nicht jetzt geschehen?
Nun habe ich mich entschieden. Ich will nicht warten. Es macht mich unruhig nur hier im Himmel zu stehen. Ich will diesen Jemand finden, dem ich mal wichtig bin. Nur im Schatten anderer Sterne zu verweilen bringt mir niemanden und die vielen Farben der Planeten zu bewundern und von der Sonne verdrängt zu werden macht mich nicht größer.
Eine Sternschnuppe, weißt du, so ein Stern der durch den Himmel fällt und einen goldenen Schweif hinterlässt, also die hat mir zugerufen: „Warum stehst du noch so rum? Du bist ja ganz alleine da und immer auf dem selben Platz. Hast du nicht von der Milchstraße gehört? Da hast du Gesellschaft. Die Billionen von Sternen bringen dir Abwechslung. Du brauchst nicht alleine scheinen. Unter ihnen bist du Teil eines großen Glanzes.“
Ich denke mir, wenn da so viele Sterne sind werde ich ganz sicher auch meine Stärke finden und dieses in mir, das mich leuchten macht. Nun habe ich ein Problem nämlich, das ich nicht weiß, wie ich mich vorwärtsbewegen kann. So habe ich die Stimme um Rat gefragt. Sie versprach, dass sie noch mal eine Sternschnuppe schickt die nahe an der Milchstraße vorbeihuscht. Ich soll schnell auf seinen Schweif hüpfen und sie würde mich absetzen wo ich möchte.
Da fühlte ich schon ein Brausen und Zischen. Ein hellgrünes Licht erfasste mich und zog mich mit.
Ich sause am Himmel entlang. Es ist ein wunderbares Gefühl fortgetragen zu werden. Ich kann nichts sehen weil das Licht vom Schweif mich blendet und ein Wind alles vernebelt. Doch ich fühle mich leicht und voller Aufregung. Plötzlich sagt die Stimme: „spring ab“
Ich gleite herunter und höre die Sternschnuppe rufen: „Viel Glück!“
Da bin ich. Aber ich stehe nicht still. Es flüstert um mich herum:“ Lass dich von uns fortbewegen, du must es nur wagen. Wir sind der Sternennebel.“
Ich schaue mich um. Da sind viele Lichtpunkte wo ich auch hinschaue. Sie sind so klein und glänzen so schwach wie ich. Neben mir sagt ein Lichterpunkt: „Bleib nah bei mir, dann bist du nicht allein.“ „Wie heißt du frage ich es“. „Ich bin ein Lichtpünktchen wie du ruft es vergnügt.“ Ich schaue es näher an. Es sieht genau so aus wie ich.
„Bist du nicht traurig, dass du so schwach leuchtest, frage ich.“
„Was meinst du mit schwach sein, antwortet es. Jeder hier ist ein Teil der Michstraße und die kann von überall gesehen werden.“
„Wie lange bist du schon hier, frage ich, und wo gehst du hin?“
„Ich habe nie darüber nachgedacht. Warum sollte ich fragen wo ich hingehe und woher ich komme. Ich weiß nicht was du damit meinst, wenn du fragst wie lange ich schon hier bin. Ich bin einfach hier. Ist es nicht schön so dahinzugleiten? Und wenn irgendein Ziel kommt werde ich ja sehen, was das ist, wenn ich angekommen bin!“
Ich wollte darüber nachdenken, was es gesagt hat, aber es fühlte sich so gut an einfach mit all den anderen Pünktchen dahinzugleiten. Ich konnte und wollte auch nicht denken.
„Bist du Die Stimme, fragte ich das Pünktchen, du redest genau wie sie!“
„Was ist Die Stimme? Ich rede wie jeder hier redet. Aber ich vergaß dir zu sagen. Du kannst dein Ende hier finden. Es gibt hier überall eine dunkle Masse. Von irgendwoher weiß ich, dass sie ein Schwarzes Loch bildet. In das Loch kannst du reingesaugt werden. Ich weiß nicht wo du hinkommst, wenn du darin verschwindest.“
So war ich Teil eines Lichtermeeres das du Milchstraße nennst. Es war ein wohliges Gefühl in ihrer Mitte zu sein. Ganz ab und zu tauchte ein Gedanke an das Schwarze Loch auf. Die düstere Vorstellung davon machte mich ängstlich und traurig. Ich wollte nicht in es hineinfallen und einfach aufhören hier zu sein. Dann aber blickte ich schnell zu den Lichtern die um mich herumtanzten.
Ich lernte näher hinzuschauen. So bemerkte ich, das sie nicht alle gleich aussahen. Mal folgte ich einem orangenen Punkt und mal einem der ein wenig rötlich war. Ein etwas größere Punkt hatte Tiefen und Höhen auf dem die Tiefen wie dunkle Schatten aussahen. Manche Punkte waren etwas runder und sanft geschliffen und andere hatten eine spitzzahnige Oberflache. Der Schein der von jedem ausstrahlte war auch unterschiedlich. Mal schwach rötlich oder gelblich und dann wieder etwas mehr orange. Hier und da erschien er sogar etwas bläulich oder auch violett.
Alles genau zu beobachten verdrängte die düsteren Gedanken an die Schwarze Masse. Ein unbestimmtes Glücksgefühl erfüllte mich dann. Ich spielte mit den goldenen Staubteilchen, lachte über die Purzelbäume die, manche kleine Pünktchen schlugen. Aus Übermut rieb ich meine Seite sanft an die Seite eines größeren Punktes. Manchmal wurde ich von einem Lichtpunkt leicht angestoßen und glitt mit ein wenig mehr Geschwindigkeit durchs All.
Frag mich nicht wie lange ich dahin glitt. Ich hatte kein Gefühl der Zeit. Wie konnte ich. Es gab keine Dunkelheit die mir sagte, dass es Nacht ist, es gab keine Zeiten in denen das Licht um mich herum heller war. Natürlich geschahen viele Dinge die Abwechslung schufen, aber ich bemerkte sie nur von Weitem.
Etwas sauste mal an mir vorbei. Es sah aus wie ein ganz großer Brotkrümel. Er stieß hier und da an einen Lichtpunkt. Diese bewegten sich danach ein wenig schneller. Mich hat auch mal was angestoßen als so ein Schauer von leuchtenden Brocken einer harten Masse um mich herum sauste. Es tat nicht weh. Weißt du, wir Lichtpunkte fühlen keinen Schmerz.
Wir fühlen auch keine Traurigkeit, Ärger oder Verzweiflung. Ich weiß, dass dies schwer für dich zu verstehen ist. Besonders wenn du dich verletzt fühlst weil ein Spielfreund nicht nett zu dir ist oder dein Vater und vielleicht deine Mutter dich gescholten haben. Es mag sein das du weinst wenn dein Lieblingsspielzeug gebrochen ist. Besonders traurig bist du wahrscheinlich, wenn du dich verlassen fühlst. Es macht dir Angst, so für dich allein zu sein.
Was ich sehr stark fühlen kann, ist Liebe. Meine Liebe ist unendlich. Und weil ich Liebe fühle, kann ich immer voller Freude sein.
Warte mal, warte, was ist das, was geschieht mit mir? Ich werde gezogen. Es ist dunkel. Ich drehe mich im Kreis. Ich kann kein Licht sehen. Aber ich spüre keinen Schmerz, Ich fühle mich geborgen. Es ist so wohlig in der Dunkelheit. Ich glaube ich bin kein Pünktchen mehr, von mir scheint nicht mal ein schwacher Schein. Ich glaube ich habe mich völlig aufgelöst. Und doch bin ich irgendwie hier. Es saugt mich noch und wirbelt mich. Immer schneller. Aber woher weiß ich das. Vielleicht ist es nur so eine Erinnerung.
Warte einen Moment. Horche in dich hinein. Ich bin jetzt ganz still. Ich bin in deinem Herzen gelandet. Ist da so ein warmes Gefühl in dir? Ich strahle Wärme aus. Spürst du es in deinem Gesicht, in deinen Armen, in deiner Brust und in deinem Bauch? Ist da ein leichtes Kitzeln in deinen Beinen? All das bin ich, das Lichtpünktchen.
Ich bin nicht nur mehr das leuchtende Pünktchen. Ich bin auch die Stimme und ich bin Liebe. Weil ich Liebe bin kannst du mich fühlen. Nun weißt du, das ich immer hier in deinem Herzen bin. Ich bin dein Freund und dein Beschützer. Du kannst jeder Zeit zu mir sprechen. Ich bin immer wach und hier in dir. Weinst du, so tröste ich dich. Bist du ratlos, so sage ich dir was du tun kannst. Hast du Angst,dann sprich zu mir und sie vergeht. Bist du einsam schaue in dich hinein. Ich bin da und umarme dich mit Liebe.